Förderverein Nordhessische Ahle Wurscht e.V.

Förderverein Nordhessische Ahle Wurscht e.V.

Was ist denn das jetzt schon wieder?

Im Jahr 2004 wurde die Ahle Wurscht traditioneller Herstellung in die Arche des Geschmacks von Slow Food aufgenommen. In der Folge wurde ein Förderverein gegründet, in dem Metzger, die Ahle Wurscht in Anlehnung an die Hausschlachtungstradition herstellen und Ehrenamtliche aus den Reihen von Slow Food Nordhessen zusammen arbeiten.

Auch world-of-ahle-wurscht.de unterstützt den Förderverein Nordhessische Ahle Wurscht e.V. und deren Sache. Demnächst wird es eine eigene Rubrik im Online Laden geben, wo nur die Fördervereins Ahle Wurscht vertreten sein wird.

Der Verein hat es sich neben der Wahrung der Wurschtkultur in der Region zur Aufgabe gemacht, ein Zertifizierungssystem für Ahle Wurscht traditioneller Herstellung zu entwickeln und alle Mitgliedsbetriebe jährlich zu überprüfen. Nur wer die Zertifizierung erfolgreich durchlaufen hat, darf seine lange genug gereiften Ahlen Würschte mit der Goldplombe des Fördervereins schmücken.

Traditionelle Herstellung der nordhessischen Ahlen Wurscht

Der Förderverein Nordhessische Ahle Wurscht will mit seinem Qualitätssiegel die “traditionelle Herstellung” der Ahlen Wurscht sicherstellen. Dabei geht es um die Wahrung des Geschmacks, des Aussehens und der Zusammensetzung der für die Wurscht verwandten Rohstoffe.

Wie sah die “traditionelle Herstellung” vor etwa 100 Jahren aus?

Die Ahle Wurscht wurde in Hausschlachtung hergestellt, das Schwein wurde selbst gemästet. Am Schlachttag wurde das mindestens ein Jahr alte Schwein auf den Hof geführt. Die Betäubung erfolgte mit dem Schlageisen, das Tier wurde abgestochen, gebrüht, gehäärt und mit dem Krummholz an der Scheunen- oder Hauswand aufgehangen. Nach dem Ausnehmen wurden die Därmen auf dem Hof gereinigt, die weitere Arbeit wurde in Küche und Waschküche abgewickelt. Nach dem Zerlegen wurden mit Ausnahme von Bestandteilen der Keule (Schinken) und weniger Stücke Frischfleisch das komplette Muskelfleisch und die erforderliche Menge Speck mit Hackebeilen zu Hackfleisch zerkleinert. Nach der Würzung mit reinen Gewürzen wurde die Wurstmasse mithilfe eines Füllringes in die gereinigten Därme des Schweines und die zusammengenähten Schmalzhäute abgefüllt. Die Wurscht wurde in der Lehmwurstekammer auf dem Dachboden bis zum Verzehr aufbewahrt und geräuchert (in Teilregionen Nordhessens nur luftgetrocknet).

Welche Bestandteile dieses Verfahrens sind für die Wahrung der traditionellen Qualität wichtig?

  • Die Herkunft des Schweines muss nachvollziehbar und eine artgerechte Tierhaltung muss gewährleistet sein.
  • Die Art der Fütterung ist für die Fleischqualität wichtig.
  • Das Fleisch des Schweines muss bei der Schlachtung ausgereift sein. Der Förderverein garantiert ein Mindestgewicht von 150 kg. Dies ist ein Kompromiss an die gegenwärtigen Marktbedingungen. Näher an der Tradition wäre die Gewährleistung eines Mindestalters von 12 Monaten oder ein Lebendgewicht von mindestens 180 kg.
  • Stress vor der Schlachtung beeinträchtigt stark die Fleischqualität. Die Wege aus dem Stall zur Schlachtung müssen deshalb kurz sein. Wenn ein Transport erfolgt, darf er nur im Nahbereich (=Region Nordhessen) erfolgen. Das Schwein muss nach dem Transport ruhen.
  • Bei der schlachtwarmen (binnen 2-3 Stunden) und etwas vermindert bei der schlachtfrischen (binnen 32 Stunden) Verarbeitung des Fleisches gehen die körpereignen Aromen nicht verloren. Eine schnelle Verarbeitung nach der Schlachtung muss deshalb gewährleistet sein. Ein Transport zwischen Schlachtort und Verarbeitungsstelle ist dabei ohne Einfluss auf die Qualität, solange er nicht zu Zeitverlusten führt.
  • Die Zerkleinerung des Fleisches mit modernen Fleischwölfen liefert bessere Hackfleischqualitäten als die aufwändige Zerkleinerung mit dem Beil. Wichtig ist, dass das Fleisch zerschnitten wird und eine Zertrümmerung der Zellen vermieden wird.
  • Gewürzmischungen sind in ihrer Zusammensetzung nicht kontrollierbar, sie sind in der Regel mit Zusatzstoffen wie Konservierungsstoffen angereichert. Sie sind deshalb verboten in der Herstellung der Ahlen Wurscht ebenso wie der Einsatz von Gewürzen, Kräutern oder sonstigen Beigaben, die nicht zur traditionellen Würzung gehören.
  • Die Wurscht darf nur in natürliche Därme oder geklebte Naturdärme abgefüllt werden, damit die Wurst Zellflüssigkeit abgeben (trocknen) kann. Der Aufwand der Reinigung der Därme des Schlachttieres ist in Deutschland heute nicht mehr wirtschaftlich, deshalb ist der Zukauf unverzichtbar. Wichtig sind Qualitäten ohne Konservierungsstoffe.
  • Ganz entscheidend für die traditionelle Qualität ist die langsame Trocknung und Reifung der Wurscht. Dazu muss auf den Einsatz von Reifebeschleunigern neben dem traditionell üblichen Haushaltszucker verzichtet werden.
  • Die Wurscht muss kühl mit zunächst hoher Luftfeuchtigkeit gelagert werden, damit sie reifen und gleichmäßig trocknen kann. Das Raumklima der traditionellen Lehmkammern kann ohne Auswirkung auf den Geschmack mithilfe moderner Klimatechniken imitiert werden.

Was garantiert das Zertifikat des Fördervereins Nordhessische Ahle Wurscht?

Die Schweine stammen von nordhessischen Bauernhöfen und sind mit mindestens 60 % selbsterzeugten Getreide gefüttert worden. Lange Transportwege werden somit vermieden.

Die Schlachtschweine haben ein Lebendgewicht von mindestens 150 kg. Nur schwere Schweine liefern die für die Dauerwurst erforderliche Fleischqualität.

Die Schlachtung erfolgt im eigenen Betrieb oder in einem geeigneten Betrieb im Nahbereich. Die Herkunft des Fleisches bleibt so nachvollziehbar.

Die Verarbeitung des Fleisches erfolgt schlachtwarm oder zumindest schlachtfrisch innerhalb von 32 Stunden nach der Schlachtung. So bleiben fleischige Geschmacksnoten erhalten und so entsteht das charakteristische Schnittbild der Ahlen Wurscht.

Mindestens 90 % des Muskelfleisches der Wurstschweine und damit auch ein großer Teil der Edelfleischanteile kommen in die Rohwurstmasse.

Zur Würzung der Ahlen Wurscht sind nur Kochsalz, Salpeter, Haushaltszucker, schwarzer und weißer Pfeffer, Muskat, Koriander, Piment und in Alkohol oder Wasser eingelegter Knoblauch zugelassen. Regionaltypisch können auch Kümmel und Senfkörner verwendet werden. Nitritpökelsalz, Geschmacksverstärker, Starterkulturen und Reifebeschleuniger sind verboten.

Durch eine Einprägung in den Wurstclip oder eine Plombe wird jede Ahle Wurscht mit einer Chargennummer gekennzeichnet, damit Datum der Schlachtung und Herkunft der Schweine bis in den Laden nachverfolgbar bleiben.

Die Qualitätsmarke Nordhessische Ahle Wurscht traditionell darf nur an Würsten angebracht werden, die die für das jeweilige Kaliber festgelegten Mindestreifezeiten erreicht haben. Diese Reifezeiten betragen für dürre Runde im Schweinedarm 4 Wochen, für Stracke steigert sich die Reifezeit von 2 Monaten für das Kaliber 43 bis auf 7 Monate für Kaliber 80.

Die Hersteller verpflichten sich, Würste, die nicht den Qualitätskriterien der zertifizierten Nordhessischen Wurscht entsprechen, unter einem anderen Namen und äußerlich deutlich unterscheidbar zu vermarkten.

So, nun aber genug geschrieben. Vielen Dank an Gerhard und natürlich auch an alle anderen vom Förderverein.

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